Hannover – Summa summarum 75 Exponate, lukullisches Catering vom feinsten (sowohl Gourmands als auch Gourmets kommen auf Ihre Kosten), ästhetische Reize allerorten (damit sind nicht nur die Hostessen gemeint…), Show-Acts à la Boss-Hoss oder Emma Lanford. Und das alles garniert von insgesamt sieben Weltpremieren: die ganze Nutzfahrzeugwelt der Daimler AG (Fuso, Mercedes-Benz, Setra, am ersten Tag auch Kamaz, BharatBenz und Foton) präsentiert sich auf 16.000 Quadratmetern in einer einzigen Halle! Das sind die beeindruckenden Rahmendaten meiner ersten IAA-Nutzfahrzeuge in Hannover. Die ersten 63 hatte ich ja irgendwie verpasst.
Spezielle Erwartungen oder Vorstellungen waren vorher keine vorhanden – dafür blieb schlicht keine Zeit und Möglichkeit. Das Arbeitspensum in der Presseabteilung vor so einer Großveranstaltung ist einfach zu groß. (Einige Kollegen nutzen geschickterweise den Stress gleich, um mal ein bisschen abzunehmen).
Doch das Beste an diesen ersten Pressetagen auf der IAA ist: man lernt endlich all die kompetenten, sympathischen Kollegen kennen. Verschiedenste Biografien, die man bisher teilweise nur vom Telefonieren oder Mailen kannte. Interessante, anregende Gespräche mit Konzernmitarbeitern und Medienvertretern aller Couleur und aus allen Winkeln der Erde machen einem nochmals bewusst: die Daimler AG ist ein Weltkonzern. Und zufälligerweise auch der Führer im Nutzfahrzeugbereich, wie mir diverse Journalisten mit unterdrückter Bewunderung durchblicken lassen. Es fallen Begriffe wie „Global-Footprint“ oder „Full-Liner“.
Die japanischen Redakteure wollen wissen, wie viel eigentlich die Kraftstoffersparnis des Eco-Canter-Hybrids beträgt. Sie lernen: es sind bis zu 23 Prozent weniger als beim konventionellen Dieselmodell, sodass sich nach konservativ-geschätzten Berechnungen der Aufpreis nach spätestens 3-4 Jahren amortisiert. Bereits jetzt geht man von einem potentiellen Marktanteil von 5-10 Prozent aus. Einer der japanischen Berichterstatter, der länger in Deutschland gelebt hat, bemerkt mit einem gleichmütigen Lächeln (zumindest sinngemäß): „man soll nicht am falschen Ende sparen.“ Wer will ihm da widersprechen – man ist ja schließlich ein höflicher Gastgeber.
Ob er aber damit wirklich den Fuso meint, oder die im Jahre 2013 potentiell-serienreife Studie des Aerodymics-Trailers, mit der man, allein durch aerodynamische Verbesserungen, bis zu 4,5 Prozent Kraftstoff spart und den Luftwiderstand um 18 Prozent senkt, wird nicht deutlich. Die russischen Reporter – Kollegen interessieren sich naturgemäß stärker für den Kamaz. Schließlich wird er in Russland gebaut. „Konzernweite Synergien schaffen“, lautet das Motto. Die chinesischen Journalisten akklamieren dieses Prinzip ebenfalls: der „Auman-Truck“ des deutsch-chinesischen Joint-Venture-Projekts „Foton“ überzeugt sie.
Die indischen Vertreter der Pressezunft hingegen wenden sich lieber den „BharatBenz“-Modellen zu. Sie sind– wie die anderen, vorangenannten Fahrzeuge – für die spezifischen Anforderungen ihrer jeweils heimischen Märkte geschaffen: das sind die sogenannten „Modern-Domestic-Segments“. Solide und technisch angepasst werden diese Modelle entwickelt und gebaut. So global wie nötig und lokal wie möglich – eine „glokale“ Strategie quasi. Im Gegensatz dazu erfreuen sich die brasilianischen Schreiber weiterhin über die Produktion des „bewährten Actros“ in Ihrem Land, sowie die US-Journalisten über den „Cascadia“ von Freightliner.
Während man noch über dieses und jenes fachsimpelt, wird in einer Zeremonie bekanntgegeben, dass der „Citan“ bei der Van-of-the-Year-Wahl den dritten Platz errungen hat, der neue im Verteilerverkehr, der „Antos“, bei der Truck-of-the-Year-Wahl den zweiten und der Citaro-Euro VI bei der Bus-of-the-Year-Wahl sogar den ersten Platz. Der Citaro Euro VI überzeugt sogar dermaßen, dass er sich gegen mehrere Hybrid-Modelle durchsetzt.
Produktvorstellungen von 27 global-verteilten Produktionsstätten später (vom Minivan „Citan“ bis zum Fernverkehrstruck „New Actros“), füllen sich für Einen die Begriffe „Global-Footprint“ und „Full-Liner“ spätestens jetzt mit Leben.
„Da klappert ja gar nichts“
Die beiden älteren Herren in dunklen Anzügen jedoch, die im Stechschritt mit einer größeren Entourage plötzlich an mir vorbeimarschieren, scheinen wenig Interesse an unserer Produktvielfalt zu haben. Sie steuern direkt den neuen Minivan „Citan“ an und inspizieren ihn penibel. Motorhaube, Kofferraum und die Innenraum-Materialien werden beäugt. Alles wird einem kritischen Blick unterzogen. Man setzt sich rein und lässt sich von Bodyguards abschirmen. Doch trotz der „unauffälligen“ Bemühungen die Leute abzuschirmen (die dadurch natürlich erst recht neugierig werden), sah man deutlich: sie waren beeindruckt. Kurz darauf rauscht die komplette Meute – angeführt von Ferdinand P. und Martin W. – bereits wieder aus unserer Halle. Übrigens: es hat (auch) nichts geklappert.
Hier noch ein paar Impressionen vom 1. Pressetag über unseren Twitterkanal